Wenn Forscher fälschen
Das Max-Planck-Forum in Berlin diskutierte über Redlichkeit in der Wissenschaft
09.04.2019
Wenn Forscher Ergebnisse fälschen oder plagiieren, erschüttert das nicht nur die Scientific Community, sondern auch das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Wissenschaft. 2002 sorgte der Fall des Physikers Jan Hendrik Schön, der „Ikarus der Physik“, für Schlagzeilen. Er fälschte über Jahre Ergebnisse und führte seine Kollegen hinters Licht. Kurz vor seiner Berufung an das Max-Planck-Institut für Festkörperforschung flog der Fall auf und die Max-Planck-Gesellschaft entging nur knapp einem Skandal. Fälle wie dieser sind zwar selten, werfen aber die Frage auf, ob die Qualitätssicherung innerhalb der Wissenschaft funktioniert. Angesichts der Freiheit, die die Forschung in Deutschland dank des Grundgesetzes genießt, verdient diese Frage eine öffentliche Debatte.
Dazu lud die Max-Planck-Gesellschaft am 9.4. ins Tagesspiegel-Haus in Berlin ein. Das Max-Planck-Forum debattierte, wie die Wissenschaft mit Täuschungen umgehen soll und wie es um die Selbstkontrolle der Forschung steht. Rüdiger Wolfrum, Vorsitzender des Ethikrats der Max-Planck-Gesellschaft, hielt fest, dass das System wissenschaftlicher Selbstkontrolle in der Regel gut funktioniere und es deshalb keinen Reformbedarf gebe. Die geringe Zahl solcher Fälle wie die Schöns lege das nahe. Auch Joachim Heberle hielt fest, dass „die wissenschaftlichen Kontrollsysteme in diesem Fall letztlich funktioniert haben“ – wenn auch spät. In den Fachgremien zeige sich, dass diese wissenschaftliche Qualität gut beurteilen könnten, was sich allerdings nicht in klaren, von Verwaltungen geforderten Kennziffern wie dem Journal Impact Faktor ausdrücken lasse. Heberle kennt als Professor für Biophysik an der Freien Universität nicht nur die Qualitätsrichtlinien der Naturwissenschaften, sondern hat als Mitglied des Gremiums Ombudsmann für die Wissenschaft der Deutschen Forschungsgemeinschaft auch tiefe Einblicke über Verstöße gegen die gute wissenschaftliche Praxis im deutschen Wissenschaftsbetrieb. Die meisten dieser Fälle werden intern gelöst und dringen nicht an die Öffentlichkeit.
Gegenstimmen gab es jedoch von Experten aus dem Publikum, denn die Dunkelziffer sei sehr hoch, was darauf hindeutet, dass es weitaus mehr Verstöße gegen die gute wissenschaftliche Praxis gebe, als die wenigen bekannten Fälle nahelegten.
„Strafen sind jedoch wenig sinnvoll, um das Problem in den Griff zu bekommen“, betonte Felicias Heßelmann. Die Soziologin beschäftigt sich am Deutschen Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung mit der Qualitätssicherung der Forschung und insbesondere mit Fälschungen – ein Gebiet, über das es bislang kaum Studien gebe. „Letztlich geht es darum, dass der Prozess des Erkenntnisgewinns funktioniert. Strafen sind kein Selbstzweck“, betonte Heßelmann.
Das Podium war sich einig, dass dazu vor allem Strukturverbesserungen notwendig seien, allen voran die Stärkung des Mittelbaus und planbare akademische Karrieren. Besonders wichtig sei auch Transparenz in der Kommunikation und eine Entspannung des Kommunikationsmarkts. Offene Begutachtungsplattformen in Internet könnten hier etablierte Peer Review Zeitschriften ergänzen und für mehr Transparenz in der Fachdebatte sorgen, pointierte Heberle. „Die neuen Medien und Open Access, für das sich die Max-Planck-Gesellschaft engagiert, sind dafür wichtige Hilfsmittel“, hob Rüdiger Wolfrum hervor.